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NOV 2016

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Dialog | Am Beispiel seiner multinationalen Theaterproduktion "Kleist. Das Erdbeben in Chili. Von Beheimateten und Geflüchteten" geht die Kulturinitiative Ostwestpassagen im Gespräch mit dem Regisseur Willy Praml, Ensemblemitgliedern und Projektbeteiligten der Frage nach, wie das gegenseitige Verständnis zwischen Orient und Okzident befördert werden kann. Es werden Auszüge aus der Filmdokumentation von Otmar Hitzelberger über die Theaterproduktion gezeigt.

Willy Praml zur Inszenierung – aus einem Gespräch zwischen den Proben

Ausgerechnet Kleist – konzentrierteste Sprachkunst in einer Theaterarbeit mit Geflüchteten Wir wollten von Anfang an kein – wie soll ich sagen – „klassisches Flüchtlingsprojekt“ machen mit Fluchtgeschichten oder so. Wir wollten eigentlich Schauspieler finden oder Sänger. Personen, die vor ihrer Flucht schon im Theater gespielt haben und die – hier bei uns oder wenn sie nach ihrer Flucht wieder zurückkehren – Theater als Beruf betreiben wollen. Es haben sich aber nur wenige mit diesen Erfahrungen und Qualitäten bei uns eingefunden. Vier oder fünf. Das Theater ist in den Ländern, aus denen sie kommen, nicht so präsent wie bei uns. Aber wir haben dann erlebt, dass viele, die in ihren Unterkünften oder in Hilfeprojekten von unserem Projekt erfuhren, von sich aus den Kontakt zu unserem Theater suchten ... und wir haben uns darauf eingelassen, mit ihnen allen zu arbeiten. Und haben gemerkt, dass hier wieder genau das passiert, was immer passiert, wenn man sich auf eine Theaterarbeit mit Laien einlässt: dass man anfängt, eine Selbsterfahrung zu machen, aus dem Bauch heraus zu sprechen, lauter zu sprechen, sich zu trauen, eine Sicherheit zu gewinnen, einen Standpunkt einzunehmen. Und der Kleist hat sich so ergeben: Michael Weber kam auf den Gedanken, dass wir einen deutschen Autor nehmen. Kleists „Das Erdbeben in Chili“, weil sich in dieser Erzählung Grundkonflikte spiegeln, mit denen die Welt und unsere Gegenwart zu tun haben. Auch wenn die Geschichte, die Kleist erzählt, vierhundert Jahre zurückliegt und Kleist mit seiner Erzählung eine Paraphrase auf die Französische Revolution geschrieben hat: Sie handelt von einer großen Katastrophe – bei Kleist ist es eine Naturkatastrophe – und darauf folgt scheinbar eine Art von „Inklusion“, als könnte sich alles in einen Garten Eden auflösen – und als sich der Garten Eden als ein Trugschluss erwiesen hat, kommt die noch größere Katastrophe, die aber von Menschen gemacht ist ... Und wir merken im Umgang der Darsteller mit der Erzählung, im Lesen und Begreifen der Szenen, die wir erarbeiten: Da sagen einige, das ist ja wie bei uns im Dorf oder: das ist wie in Damaskus oder wie in Aleppo. Viele haben das alles schon erlebt. Es geht um Hinrichtung, es geht um Folter, es geht um Gefängnis ...... das, was wir selbst zwar nicht erlebt haben, aber aus den Nachrichten kennen. Wir selbst, die Theaterleute, haben niemals versucht, Kleists Erzählung direkt auf eine konkrete Fluchtgeschichte zu beziehen – persönliche Bezüge zur Erzählung Kleists wird man später sehen, wenn nach der Aufführung die Fragen an die Darsteller kommen.

14.11.201620:0019:00
frei

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